Schredd's Australien Blog

Saturday, June 09, 2007

Ich habe die letzten Wochen damit verbracht Leute für meine Promotion zu interviewen. Zwecks dessen war ich in Brisbane unterwegs und habe mich mit Entwicklern und Leuten, die für Queensland Government arbeiten, getroffen (kleine Anmerkung bevor es weitergeht: Interviews transkribieren ist wirklich das Beschissenste was es gibt. Man kann wirklich Tage damit verbringen. Recht frustrierend. Immerhin waren die Interviews gut).
Neben Brisbane gibt es in Australien noch ein weiteres Center der Videospielindustrie: Melbourne. Wann immer ich mich darüber beschwert habe, wie beschissen die Gold Coast ist, kam die Frage auf, ob ich schon mal in Melbourne gewesen wäre. Bei dem Gedanken, dass ich die letzten zwei Jahre auch in diesem Teil Australiens hätte verbringen können... aber lassen wir das.

So habe ich denn in Melbourne getroffen: Den Vorsitzenden der australischen Lobbyorganisation GDAA (Game Developers Association of Australia), Tom Crago, Kevin McInstosh Producer bei Torus , Amelia KIng, bei Film Victoria zuständig für die Förderung der örtlichen Industrie, und Mike Fegan, Chef von IR-Gurus. Allesamt nette Menschen, die mir zudem mehr oder weniger das erzählt haben, was ich hören wollte und mir weitere interessantere Einblicke in die australische Videospielindustrie gewährt haben – und meine Arbeit (teilweise) durchaus interessant fanden. So hatte ich ein längeres, anregendes Gespräch mit Antony Reed, Marketing Director bei IR-Gurus, welcher sich sehr interessiert gezeigt und darauf hingewiesen hat, dass die Industrie selten Zeit findet, innezuhalten und sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen, weswegen er sich freuen würde, die fertige Arbeit zu Gesicht zu bekommen. 1.) Endlich mal ein anregendes Gespräch! 2.) So was hört man natürlich gerne!

Zudem hatte ich noch eine kurze Unterhaltung mi Helen Stuckey, die Frau mit meinem Traumjob – Kuratorin für Videospiele im Australian Center for the Moving Image, "the world's first museum dedicated to the moving image in all its forms" (Wikipedia). Wie klein die Welt ist, wurde auch hier deutlich: Helen kannte Andreas Lange, Direktor des Computerspielemuseums in Berlin, welcher mir u.a. bei meiner Magisterarbeit behilflich war. Ach ja, der Direktor des Goethe-Instituts in Sydney ist mir auch noch über den Weg gelaufen (den kannte ich noch von meinem Vortrag)...

Die Kneipe um die Ecke des Hostels hatte zudem Becks vom Fass und spätestens als der DJ "It's all over now baby blue" von Them feat. Van Morrison (ist u.a. auf dem "Rocker"-Soundtrack) aufgelegt hatte, wusste ich, dass es eine gute Wahl war meine Abende hier zu verbringen (dazu kam auch noch ein netter Australier, Tim, der mir Bier ausgegeben hat) – auch wenn ein wenig Heimweh aufkam.
Dieses war allerdings bei weitem nicht so schlimm wie an der Gold Coast; je näher mein Abreisetermin rückt, desto mehr freue ich mich endlich aus diesem kulturlosen Loch rauszukommen. Wie angenehm war Melbourne doch im Vergleich (nicht nur mit der Gold Coast). Endlich eine Stadt mit... nun ja, Kultur halt. Ein Ort mit wichtigeren Prioritäten als blindem Materialismus oder wie es Espens Mitbewohner Chris, der dort studiert hat, es mir gegenüber ausgedrückt hat: "It's full of angry people, but angry for the right reasons!" Eine Stadt mit Tiefe, mit genügend Dingen jemanden auszufüllen, während ich an der Gold Coast oft das Gefühl habe, mein Innenleben hat sich im Sonnenschein verflüchtigt und alles was übrig bleibt, ist eine Maske. Man fragt sich, ob da noch mehr ist, aber alles ist leer oder zu weit weg, um greifbar zu sein. Hingegen in Melbourne könnte ich mir durchaus vorstellen zu wohnen; europäisch(er), aufstrebend, Heimat netter Menschen, die weiter denken als die nächste Palme, Pinguine UND Kängurus, eine Großstadt halt mit all ihrem Leben und ihren Freaks und kleinen, verrückten, kreativen Orten und Geschäften.
Und Konzerten! Am letzten Abend vor meiner Abreise habe ich mir die Infadels, supported von den ebenfalls sehr guten Dukes of Windsor, angeschaut. In der Prince of Wales Bar, welche so auch in Berlin oder Hamburg stehen könnte. Es war eine wilde, sehr tanzbare Show mit lauter schönen Menschen. Überhaupt war das ein sehr glücklicher Zufall: Als die Infadels letztes Jahr in Brisbane gespielt haben, wollte keiner mit, so dass ich es natürlich sehr gut fand, eine zweite Chance zu bekommen, sie zu sehen. Auch ergaben sich nette Gespraeche: "Dude, are you in a band or something?" "Uh, no..." "You look like some bad-ass bass player... Do you have drugs or know where to get any?" "Eh, I've never been to Melbourne before and only just got here on Monday" Good times!
Persönliches Highlight aber neben der Ruestung von Ned Kelly (australischer Nationalheld, der alles verkörpert, was den Aussies heilig ist. Nicht ganz zufällig auch Krimineller) ausgestellt in der National Library of Victoria, dass mir jemand von "Neighbours" (für die Uneingeweihten: australische Soap, in der u.a. Kylie Minogue ihre Karriere gestartet hat) über den Weg gelaufen ist. Der war in St. Kilda (südlicher Stadtteil von Melbourne) gerade dabei einer Gruppe von Touristen, die die "official Neighbours tour" gebucht hatten was zu erzählen. Scheiss Show, aber netter Typ, das muss ich ihm lassen.

So, in weniger als zwei Monaten bin ich dann auch raus hier. Im Juli werde ich noch einen Monat in Neuseeland verbringen. Nicht nur, weil es da sehr schön sein soll, sondern auch, weil mein Visum ausläuft. Und die Strafe für eine Ausreise mit abgelaufenem Visum ist drei Jahre Einreiseverbot. Wer weiss ob und wann ich noch mal zurückkomme (zumindest nach Melbourne würde ich gerne noch mal), aber ich will mal lieber nichts riskieren!!

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