Schredd's Australien Blog

Thursday, August 31, 2006

Und sonst so? Viel passiert gerade nicht, die Tage gleichen sich, einzig drogeninduzierter Wahnsinn sorgt für ein wenig Abwechslung: Zwei Freundinnen von Jenna gehen für ein Jahr nach China, um die zukünftige Weltherrschaft durch Assistenz im Englischunterricht zu fördern (auch wenn hier und dann schon Erschöpfungserscheinungen auszumachen sind!) und haben sich dazu entschlossen, sich die verbleibenden Wochen ordentlich exzessiv um die Ohren zu schlagen. Letztes Wochenende war Abschiedsparty in einem Club, um neun ging es los. Als ich um zehn da war, waren die meisten schon jenseits von Gut und Böse, bis auf Erin, die war nur noch jenseits von Böse und irgendwann auch nicht mehr da. Dann bekam ich einen Anruf, von dem bis auf "pay phone" und Weinen und Schluchzen dank des Hintergrundlärms nicht viel zu mir durchdrang. Die Reaktion auf meinen Einwand, welchem ich physisch durch das Packen eines Arms Nachdruck verleihen wollte, dass sich Erin gerade bei mir gemeldet hat und verzweifelt klang, bestand aus Lallen und Hinfallen. Wenn man nicht alles selber macht! Um es kurz zu machen: Rausgegangen, andere nach Erin Suchende getroffen, verzweifelte Erin gefunden, die Nachricht den andere verkündet und als Antwort "Did anyone see Steph? She got lost!" bekommen. Verdammter Kindergarten. Dann doch lieber ins Chophouse mittelmäßigen Indie-Rock hören. Wie auch immer, sie hatte wohl zuviel Alkohol intus.
Ein anderes Mal aber, genau ein Tag nach meiner Ankunft hier!, war es eine Kombination aus zu viel Alkohol und Ecstasy. Um Erin irgendwie loszuwerden - wir haben sie gerade noch so zu der alten, schimmeligen Wohnung schleppen können, wo sie dann partout nicht bleiben und aus dem Küchenfenster fliehen wollte, schluchzend den Ruf "I want my mummy" perpetuierte und an ihrem Daumen leckte - haben wir einen Krankenwagen gerufen. Es ging einfach nicht anders, kompletter Wahnsinn. Ich wäre also dankbar, wenn das Kombinieren von Drogen mit Alkohol in Zukunft den Profis überlassen würde. Bitte!
Zu China fällt mir noch ein: Ein gutes Anzeichen für die Bereitschaft, sich andere Kulturen anzupassen, war auch die Antwort von Jennas Freundinnen auf die Frage, was sie denn ohne ihren geliebten, sehr australischen "Passion Pop" (eine klebrig-süße Mixtur aus Sekt und Passionsfrucht) machen würden: Wieso, der wäre in China bestimmt billiger... So, der ernste Teil kommt dann morgen...

Friday, August 25, 2006

Ein untrügliches Zeichen dafür, dass man auf der falschen Party ist, ist wenn die Mehrheit der weiblichen Gäste die Paris Hilton Single nicht aus Neugier sondern aus Empathie hört. Dabei ist es auch völlig egal, dass es sich bei diesen Gästen um wohlgeformte Norwegerinnen handelt - irgendwo muss die Toleranz einfach mal enden (an dieser Stelle muss ich mich doch zusammenreissen keine schiefen, völlig aus den Proportionen geratene Vergleiche mit dunklen Kapiteln deutscher Geschichte anzustellen). Aber gut, die Chance, dass einem auf einer Wine and Chesse Party eine typische Horde "Gold Coast Norwegians" auflauert, sind nun einmal signifikant hoch. Der Gold Coast Norweger zeichnet sich gemeinhin dadurch aus, dass er, gefördert durch surreal hohe Steuern im drittreichsten Land der Welt, einem eher aufwendigen, Richtung Party gravitierenden Lebensstil frönt, welchen er, abgesehen von seinem Hang zum Bling, aber nur bedingt nach außen trägt, da er gerne unter sich bleibt bzw. Menschen, die nicht in sein Weltbild fallen, konsequent ignoriert. Kurzum: Ein schwer zu ertragender Menschenschlag. Gott sei Dank war im Chophouse noch "UK Punk Tribute Night".
"Jetzt mal im Ernst, was ist denn mit der Wohnung?"… Eine Frage, die man nicht gerne hört, besonders dann, wenn sie von der Nachmieterin gestellt wird, die im selben Atemzug erwähnt, dass ihr Freund Klempner ist, und dass da im Bad doch das ein oder andere Problem... ABER was soll's? Zumal die richtige Grundeinstellung bei ihr ja vorhanden ist. Eine Freundin von Jenna wusste zu berichten, dass sie von ihr auf den Muff angesprochen, nur geantwortet hätte, dass der Geruch von Gras das eh alles in absehbarer Zeit überdecken würde. So ist's richtig! Immer schon das ganze Geld für Drogen ausgeben und nicht für Miete! Es gibt ja auch noch viel wirkungsvollere, teurere Chemie unter deren Einfluss man den ganzen Laden wunderbar im Zeitraffer ruinieren kann!
Ich habe übrigens am Dienstag einen sehr bewegenden Film gesehen. "2:37", geschrieben von einem mal gerade 20-jährigen Australier (Murali K. Thalluri), begleitet sechs Teenager über einen Schultag hinweg und behandelt dabei Drogensucht, Vergewaltigung, Homosexualität, Depression. Das alles kulminiert in einem Selbstmord; wie bei einer Art perverser Lotterie fragt man sich, wen es trifft bzw. welcher der Charaktere sich zu diesem drastischen Schritt entschließt, denn Motive haben alle. Was dem Film dabei zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht, wenn auch eine, die einem fast Schauer über den Rücken laufen lässt, ist die Tatsache, dass Thalluri den Film nach einem fehlgeschlagenen Versuch, sich das Leben zu nehmen, geschrieben hat. In nur 36 Stunden.
Wie ich einem Stadtmagazin aus Brisbane entnehmen kann, haben die Kritiker, die sich nicht an den 15 Minuten dauernden Ovationen in Cannes beteiligt haben, vor allen Dingen die starke Nähe zu Gus van Sant's "Elephant" bemängelt. Mag sein, ich habe ihn nicht gesehen. Wenn aber eben dieses Stadtmagazin schreibt, dass "2:37" van Sant's "selfrighteous pretentiousness" zu vermeiden weiss, dann bin ich dem sehr geneigt zu glauben, zumal der letzte Film, den ich von ihm gesehen habe – "Last Days" – das Paradebeispiel eines prätentiösen, selbstverliebten Kunstfilms ist, der mich in ähnliche Sphären des Wahnsinns getrieben hat wie "L'amour, l'argent, l'amour" (Ein "Mahnmal für alles, was am Kunstfilm schlecht sein kann"). "2:37" nimmt seine Charaktere ernst und behandelt sie mit Respekt, erhöht aber nichts, beobachtet nur und wirkt in diesem Realismus äußerst beklemmend.
Was das ganze Erlebnis übrigens noch sehr australisch gemacht hat, war der Geruch von Rauch, der durch die Klimaanlage in den Saal gepustet wurde. Rauch von nahen Buschfeuern...

Ich würde ja gerne noch ein paar Fotos von der neuen Wohnung online stellen, aber leider hat meine Digitalkamera neuerdings eine Macke. "System Error e010" ist das Einzige was passiert. Immerhin: Es scheint nur ein Softwarefehler zu sein. Nur leider ist die Firmware nirgends zu finden. Auch nicht auf der Casio-Website. Für die Kameraexperten da draußen: Es ist eine Casio Exilim Ex-S100. Falls jemand auf passende Software stößt: Bitte melden!
Internet ist auch beantragt, das soll in etwa fünf bis acht Tage dauern. Deswegen dauernd zur Uni zu fahren oder ins Internet Cafe zu gehen ist doch kein Zustand! Ich hoffe, dass das Telekom-Modem, welches ich in der Hoffnung hier kein Neues kaufen zu müssen, mitgeschleppt habe, auch funktioniert!
(Kleines Update: Das hätte ich mir auch denken können. Natürlich funktioniert das Modem nicht, wäre ja auch abwegig würde es so was wie weltweit einheitliche Kabel geben)

Monday, August 14, 2006

Ah, umziehen, wie ich es liebe. Dadurch, dass mein Auto mehrere Wochen stand, war natürlich die Batterie leer, da habe ich gleich mal den RACQ rufen müssen, was die ganze Sache nicht minder hat stressig werden lassen. Egal, Hauptsache raus.
Die neue Wohnung mag zwar kleiner sein, aber dafür ist es hier doch um einiges angenehmer - und ich habe endlich wieder einen Parkplatz für mein Auto, auch wenn jegliche Form von Parkhaus grundsätzlich ein Albtraum darstellt. Letzten Endes gibt es eigentlich nur zwei Parkplätze auf denen ich den goldenen Sternenkreuzer ohne Schweißausbrüche abstellen kann. Der neue Kühler ist mittlerweile übrigens auch eingebaut, was rote Ampeln bedeutend weniger nervenaufreibend macht.
Aber das Beste: Es sieht so aus, als ob jemand in die alte Wohnung einzieht. Brekka, aus… jedenfalls nicht aus diesem Teil Australiens und drogenbedingt auf dem besten Wege ähnlich heruntergekommen zu sein, wie die Wohnung. Genau das wonach wir gesucht haben. Ein Bekannter wusste, dass die wohl gerade aus ihrer Wohnung geschmissen wird und deshalb was Neues sucht. Da hat's bei mir natürlich gleich geklingelt: Zum einen ist so jemandem der Schimmel fundamental gleichgültig und dazu wird sich der Eigentümer mit einem Mieter mit äußerst laxer Zahlungsmoral rumschlagen müssen. Ha!
Die finale Inspektion der muffigen Bude lief auch gut, wir werden unser Deposit wohl im vollen Umfang zurückkriegen. Alles andere wäre auch ein Skandal! Auf den Umstand hin, dass ALLE Wohnungen der Anlage einen neuen Sicherungskasten bekommen haben, nur eben unsere nicht, musste ich die Maklerin dann noch mal fragen, ob der Besitzer intern für seinen Geiz berüchtigt ist. Die Antwort viel wenig überraschend aus.
Wie auch immer, jetzt muss ich mich nur noch um so ein paar Kleinigkeiten kümmern (Telefon, Internet, Adressänderung an verschiedene Institutionen durchgeben etc.), und dann kann ich endlich damit anfangen, wozu ich ja eigentlich hier bin: Studieren. Das wurde auch mal Zeit!

Hier noch ein lustiger Euphemismus für Zuhälter, den ich eben im Fernsehen gehört habe: "Hostess Supervisor".

Saudumme Idee: Einfach mal in den nächsten asiatischen Supermarkt gehen und wirren Kram kaufen. Der Geschmack von getrockneten Sesam-Anchovis auf Palmensaft ist dann doch ein wenig zu exotisch für meinen Gaumen.
Nicht minder dumm: Am nächsten Tag ins Hard Rock Cafe gehen, um was zu essen, nur um dann gesagt zu bekommen, dass der two for one Gutschein vor vier Wochen abgelaufen ist.

Ich musste am Samstag zum Geburtstag von Jennas Vater. Das Spezielle an der Sache war die gigantische Karaokeanlage, sowie dass erwartet wurde, dass man als Rockstar auftaucht (ich war Jack White, rotes Shirt, schwarze Hose, weiße Schuhe: fertig).
Ich stand vor einem Dilemma: Die Wahrung des schmalen Grates, der diffizile Balanceakt zwischen Karaoke und Benehmen. Was machen, wie trinken? Dazu der Erwartungsdruck, das ungeduldige Fragen diverser Familienmitglieder - der Beschluss stand fest, ab jetzt hieß es bechern. Und Finger weg vom Buffet, so was wirft ja um Stunden zurück. Ich wusste ich war auf dem richtigen Weg: "Ich wusste ja gar nicht, dass Clint Eastwood eine Platte aufgenommen hat, haha.." "Ich bin nicht Clint Eastwood, ich bin - hier bitte Namen australischer Buschlegende einfügen - " "Eh, mein Drink ist alle…" Der alles entscheidende Katalysator war eine schauerliche Don't cry for me Argentina Darbietung der besoffenen Tante, die alkoholbedingt dem Text nicht mehr folgen konnte. Ich konnte nur gewinnen. Besonders mit Alice Coopers I'm 18! Im Laufe des Abends folgten noch Welcome to the Jungle und My Way in der Sex Pistols Version. Hinterher wurde mir gesagt, dass besonders Jennas Opa von meiner Performance angetan war. Mehr Rock'n'Roll war selten!
Ein bizarrer Abend, soviel ist mal sicher. Elvis, Cher, Kurt Cobain, Fred Feuerstein… sie waren alle da…
Was mein Herz aber am meisten gewärmt hat, war die Flasche Berentzen-Schnaps, die ich inmitten des Treibens entdeckt habe. Original aus Haselünne und jetzt in Brisbane, ein Stück Heimat, welches den selben Weg wie ich gegangen ist. Schön!

Na das fängt ja toll an… Das Erste, was mir an unserer neuen Wohnung aufgefallen ist, war der muffige Geruch. Jenna hat noch probiert, mich zu beruhigen, aber als ich dann den Gammel an der Decke und in meinem Teil des Schrankes gesehen habe, war klar wo der der Muff herkam: Leckende Leitungen, noch dazu hat wer auch immer es hier länger ausgehalten hat, nach dem Duschen anscheinend nie gelüftet. Sagt zumindest der Gammel unter dem Waschbecken (der durchaus so ausgeprägt ist, als dass er eine eigene Lebensform darstellen könnte). Und auch das hohle Geräusch, was entsteht, wenn man die Fliesen in der Dusche abklopft, verheisst nichts Gutes. Noch viel weniger Gutes verheisst die Einstellung des Eigentümers gegenüber diesen Dingen. Der Typ ist einfach viel zu glitschig, als das man den irgendwie zu greifen bekommen könnte. "Ah ja, der Schrank… ja, da wechseln wir einfach dieses Brett aus…" Auf die Fliesen angesprochen: "Who are you? A building inspector? You're only renting this place!" Nun ja, Mieter haben eben kein Recht auf eine nicht gesundheitsgefährdende Umwelt…
Wie auch immer, um dem Spuk ein baldiges Ende zu bereiten, haben wir uns entschlossen den Mietvertrag zu kündigen. Das ist leider nicht so einfach wie es klingt. Bzw. es ist an sich schon einfach, nur kann es ziemlich teuer werden, da man nämlich dazu verpflichtet ist, so lange Miete zu zahlen, bis ein Nachmieter gefunden ist. Die Erkenntnis, die ich bisher daraus gezogen habe ist diese: Im Immobiliengeschäft verkauft man seine Seele. Bisher waren drei Leute hier, um sich einen Eindruck zu verschaffen und denen muss man die Bude dann natürlich schmackhaft machen. "Ja, ja, Spitzenpreis dafür, dass man mitten in Surfers wohnt! Wir ziehen hier ja auch nur aus, weil uns das zu groß ist und wir für weniger Geld…" Meine Güte, und mit so was bestreiten manche Menschen ihren Lebensunterhalt! Da kann nur hoffen, dass das Konzept des Karma nur so eine fixe Idee ist. Wobei, die Maklerin, die Jenna die Wohnung hier angedreht hat, ist gerade in Neuseeland, da ein Familienmitglied gestorben ist. Zufall?! Wer weiß das schon…
Aber es gibt auch gute Neuigkeiten. Also im Grunde nur eine gute Neuigkeit - wir haben bereits eine neue, kleinere Wohnung gefunden. Nett gelegen in einer Apartmentanlage mit Pool, Whirlpool, BBQ-Area UND Parkplatz. Ich kann hier ja nicht mal mein Auto parken, da der Schmierlappen von Besitzer ("I'm no asshole lessor") darauf besteht, seine japanische Plastikschüssel auf unserem Parkplatz abzustellen. Er arbeitete halt gleich um die Ecke (vielleicht sollte ich an dieser Stelle einen Poll einbauen. Soll ich ihm Zucker in den Tank schütten? Ja/ Nein/ Fällt dir nichts Besseres ein?). Und wo wir schon beim Auto sind, das ist ja immer so eine Sache hier; ergo bin ich am überlegen, ob ich dafür nicht einen eigenen Blog einrichten sollte. Ach, machen wir es kurz: Der neue Kühler wird am Wochenende abgeholt, nächste Woche eingebaut und wenn wir schon dabei sind, werden wir auch gleich mal das Öl am knirschenden Differential wechseln.
Übrigens, wer an einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom leidet, dem kann ich empfehlen, mit einer Plastikgitarre im Handgepäck zu reisen. Anregende Gespräche mit Zoll und Mitreisenden sind garantiert. Der Zoll in Frankfurt fand sie sogar so interessant, dass ich sie gleich mal zwecks Sprengstofftest hergeben musste. Als ich dann nach 11 ½ Stunden Flug mit größtenteils beschissenen Filmen und kaum Schlaf um sechs Uhr morgens in Hong Kong angekommen bin, waren es bereits 30 Grad bei geschätzten 127% Luftfeuchtigkeit. Ideales Klima, um 16 Stunden Aufenthalt zu überbrücken. Die erste Maßnahme gegen meinen zombiehaften Zustand war ein kleines Nickerchen in einem öffentlichen Park. Auf einer Parkbank. Und das war wirklich interessant (wenn ich dann mal einen wachen Moment hatte): Tai Chi Meditation, exotische Melodien auf nicht minder exotischen Seiteninstrumenten, begleitet von… exotischen Gesängen, Schildkröten, die sich auf den Felsen in den Teichen tummelten, Hundegrillstellen. Ja, ja, fieses Vorurteil. Aber! man ist ja doch Rassist genug, um sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, ob der Hund, der gerade in der Tierhandlung betrachtet wird, den Rest seines Lebens vollgefressen in einer Hochhauswohnung verbringen wird - oder eben im Kochtopf landet.